In den vorangegangenen Teilen unserer Serie „Entmachtete Führung – und die Kompensation des Kontrollverlusts“ haben wir verschiedene Aspekte der Reaktion von Führungskräften auf Machtverlust beleuchtet. Heute in Teil 8 teilen wir ein Modell mit Dir, das Machtpositionen zeigt, die Führungskräfte bei Machtverlust einnehmen können.
Machtpositionen
Von jedem Quadranten kann man in jeden anderen Quadranten gelangen. Häufig durchläuft der Prozess durch äußere Einflüsse eine U-Form.
Um in der Leaderschaft ankommen zu können, braucht es einen starken Blick für die Vorteile. Hier sind Unternehmen zur Unterstützung ihrer Führungskräfte verpflichtet.
Führungskräfte, die in starken Machtpositionen waren, reagieren ebenso unterschiedlich auf Machtverlust, wie jeder andere Mensch es tut. Um einen Überblick über die verschiedenen Persönlichkeiten zu erhalten sind im Modell die Typisierungen vereinfacht dargestellt, um besser zu verstehen, wie Entwicklungen aussehen können.
In dem Modell findest Du auf der X-Achse „Abhängigkeit“ und auf der Y-Achse „Follower“. „Follower“ beschreibt, ob andere Menschen der Persönlichkeit und ihren Entscheidungen folgen. „Abhängigkeit“ beschreibt, wie viel Eigenständigkeit von anderen möglich ist.
Follower: Ein:e Diktator:in und ein:e Leader haben eines gemeinsam: Menschen folgen ihnen, ihren Impulsen und Entscheidungen. Im Fall des Leaders folgen Menschen nicht blind, aber das Potenzial ist da, ihnen folgen zu wollen. Leadern folgen Menschen freiwillig, im Fall der/s Diktator:in spielt Freiwilligkeit keine Rolle. Um Diktator:in oder Leader zu sein, bedarf es also Followern. Ein:e Kämpfer:in und ein:e Verlierer:in sind mit sich selbst beschäftigt. Sie führen nicht an. Sie sind im Überlebensmodus.
Abhängigkeit: Ein:e Leader ist ebenso wie ein:e Verlierer:in auf andere angewiesen. Ein:e Leader kann nicht ausschließlich anordnen. Er/sie muss mit Argumenten überzeugen, damit Leute folgen wollen. Er/sie ist also stark abhängig. Ein:e Verlierer:in kann ohne externe Unterstützung seinen/ihren Standpunkt nicht halten, ist also ebenso abhängig von anderen. Ein:e Dikatator:in oder ein:e Kämper:in scheren sich nicht um andere, nutzen weniger Argumente und sind im einen Fall zu sehr mit sich selbst beschäftigt („Überlebenskampf“/Kämpfer:in) und unterdrücken im anderen Fall die anderen, um nicht in eine Abhängigkeit zu kommen (Diktator:in).
Typisierung
Diktator:in: Manche beharren auf ihrer Macht und führen autokratisch. Sie dulden keinen Widerspruch. Wer sie in Frage stellt, begeht Verrat. In autokratischen Machtstruktur wird Gehorsam eingefordert. Die Führungskraft wird nicht hinterfragt, es gibt kaum Feedback. Innovation ist in autokratischen Führungssystemen ebenso unwahrscheinlich, wie Fehlerlernen oder dass Entscheidungen auf unteren Ebenen getroffen werden. Der Führungsanspruch ist stark, die Abhängigkeit von einzelnen Mitarbeitenden gering.
Kämpfer:in: Ein:e Kämpfer:in ist einen Schritt weiter. Er oder sie hat verstanden, dass die eigene Macht in Gefahr ist. Der Mensch ist im Kampfmodus. Er wittert viele Feinde und ist in einer Verteidigungsposition. Die Führungsstärke ist abnehmend. Die Abhängigkeit von anderen wird nicht wahrgenommen, da potenziell jede:r ein:e Konkurrent:in ist. In dieser Phase einer Führungskraft oder einer ganzen Unternehmenskultur sind konstruktive Team-Ergebnisse nur schwer zu erzielen.
Verlierer:in: Ein:e Verlierer:in hat den Kampf gegen den Machtverlust aufgegeben und zieht sich zurück. Die Abhängigkeit von den Leistungen anderer ist enorm, da das Team alles auffangen muss, was die Führungskraft nicht mehr leisten kann. Führung im positiven Sinne findet kaum noch statt. Teams ohne Erfahrung mit Selbstorganisation sind mit einer Führungskraft im Verlierermodus kaum handlungsfähig. Konflikte treten vermehrt auf, da das Machtvakuum gefüllt werden will. Verlierer:innen, die sich nicht weiterentwickeln, haben ein hohes Risiko langfristiger Erkrankungen. Eine Unternehmenskultur, in der die Führungskräfte in der Verliererrolle bleiben, hat wenig Chancen, dauerhaft auf dem Markt zu bestehen.
Leader: Ein:e Leader ist ein Mensch, dem man/frau nicht folgt, weil er/sie muss, sondern weil er/sie will. Einem/r Leader wird aus freien Stücken gefolgt. Er/sie fordert Entscheidungen, kann mit Widerspruch und konstruktivem Feedback umgehen, stärkt andere und unterstützt sie. Eine:e Leader ist die ideale Führungskraft mit einer hohen Abhängigkeit vom Team. Leader:innen suchen sich ein starkes Team, da sie wissen, dass die Teamergebnisse zählen, nicht die Einzelleistung.
Verlauf
Es ist möglich, jede einzelne Phase zu durchlaufen. Die Verweildauer in einer Phase ist dabei absolut individuell. Entscheidend ist, wo die Führungskraft landet. Die Entwicklung bewusst zu erleben, kann helfen, zum Leader zu werden. Keine Führungskraft will ein Opfer der Zeit sein. Jede:r Mensch will sich mächtig fühlen dürfen.
Als Leader ist man/frau mächtig, aber eben nicht allmächtig. Ein:e Leader weiß, dass es nur gemeinsam geht.
Im 9. Teil unserer Serie „Entmachtete Führung – und die Kompensation des Kontrollverlusts: „Wie Menschen auf Machtverlust reagieren“ folgt ein weiteres Praxisbeispiel.
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